Rollenspiele im Regal

Die Frage kenne vermutlich fast alle: Welches Rollenspielystem ist das richtige? Die einfache Antwort lautet natürlich, dass es das richtige System nicht gibt. Es gibt so viele verschiedene Regelwerke, Hacks, Hausregeln und so weiter für so viele verschiedene Nischen. Das System, das alles kann, ist unmöglich.

Dennoch stellt sich die Frage bei einer neuen Runde manchmal. Klar, es gibt Kampagnen, die basieren direkt auf einem System: The One Ring in Mittelerde, Blades in the Dark in Doskvol, D&D in den Forgotten Realms, das liegt alles nahe. Für solche Runden ist dieser kleine Gedankenanstoß nicht gedacht. Mir geht es um die Kampagnen, die nicht direkt mit einem Regelwerk verbunden sind. Im Laufe der Jahre habe ich gelernt, dass die naheliegende Idee nicht immer die beste sein muss.

Also, welches System?

Ihr habt eine Idee für eine coole Kampagne, aber noch keine Ahnung, welche Regeln ihr nehmen sollt? Zuerst einmal solltet ihr euch überlegen, welche Regeln das Format unterstützen. Es gibt generische Systeme, aber such solche, die sehr spezifisch etwas abbilden wollen, sei es nun eine Simulation oder ein Narrativ. Generische Systeme eignen sich für viele Kampagnen, aber können auch, nun ja, generisch wirken. Spezifische Regelwerke sind besser in der Lage, ganz genau das zu liefern, was man möchte, aber passen sie nicht richtig, wird es schnell anstrengend.

Deshalb lohnt es sich, über das Konzept der Runde nachzudenken. Gerne auch im Gespräch mit den Spieler*innen! Überlegt euch, was die Essenz der Kampagne ist, und welche Regeln sie gut abbilden können. Was braucht es dringend, was wäre schön, was ist überflüssig? Theoretisch kann man vermutlich jedes Regelwerk weitgehend anpassen, aber wenn man nur einen kleinen Teil der Regeln nutzt, oder – schlimmer noch! – sie einem sogar im Weg stehen, wird daraus schnell unnötige Arbeit. Warum ein Regelwerk derart umschreiben, wenn jemand bereits ein passenderes gebastelt hat?

Als Spielleiter*in hat man ohnehin genug zu tun, da muss man sich nicht auch noch mit unpassenden Regeln herumschlagen. Schaut also, welche Regeln die Art von Spiel, die euch vorschwebt, unterstützen, vielleicht sogar dezidiert dafür geschrieben wurden.

Die schiere Menge an Rollenspielen da draußen macht die Suche manchmal schwierig. Was nützt einem das für die Runde beste Regelwerk, wenn man noch nie davon gehört hat? Ein neues System auszuprobieren, kann toll sein, aber es kann auch dazu führen, dass Aufwand und Energie in schlechtem Verhältnis zum Gewinn stehen. Auch das gilt es im Auge zu behalten.

Gleiches gilt für die Gruppe. D&D ist gut darin, D&D-Fantasy abzubilden. Für andere Kampagnenarten eignet es sich weniger. Wenn aber alle in der Gruppe das System gut kennen und Spaß daran haben, ist es vielleicht vertretbar, einige Abstriche hinzunehmen und nicht zu wechseln, selbst wenn es etwas passenderes gibt. In einer Runde sollten sich alle wohlfühlen, das gilt natürlich auch für das System.

Fazit

Wie so viele andere habe ich in jungen Jahren an dem „perfekten System“ gebastelt. Einige Überreste davon liegen noch auf meinem Wiki, teilweise sogar spielbar. Es hat ein wenig gedauert, bis ich verstanden habe, dass perfekt unmöglich ist, weil es sich im besten Fall nur auf einzelne Runden beziehen kann – und dazu sich mein Geschmack, meine Vorlieben und Interessen ändern, weshalb diese Systeme heute versauern. Inzwischen überlege ich vor jeder Runde ganz genau, welches System ich nutzen will. Das spart auf lange Sicht Arbeit, Stress und Ärger!

 

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