Beispiel Handout

Es beginnt mit ein paar Texten, die man aus Regelwerken kopiert und hübsch ausdruckt und endet mit einer In-Game Bibliothek mit 222 Texten (die weiter wächst). Korrekt, die Frage lautet: „Was sind Handouts?“

Handouts sind am Tisch physische Dinge, die die Spielwelt lebendig machen. Klassisch sind Texte aus der Welt, Bilder, Karten und sogar Musik oder Tonaufnahmen, die über eine Beschreibung oder schnelle Zusammenfassung durch die Spielleitung hinausgehen. Es können aber auch richtige Gegenstände sein, Puzzleboxen, magische Gegenstände und vieles mehr; der Kreativität wird nur durch die eigene Befähigung, so etwas zu zaubern, eine Grenze gesetzt. Bei einem VTT sind Handouts naturgemäß auch digital, aber das Konzept bleibt gleich.

Das Bild oben ist ein Handout, das ich erstellt habe, um die D&D-Abenteuer „Lost Mine of Phandelver“ aus dem D&D Starter Set mit der Kampagne Storm King’s Thunder zu verbinden. Die Gruppe konnte es beim Schurken des (gelungenen) Einführungsabenteuers finden, was auf größere Verstrickungen deutete. Die Art des Briefes, nämlich eine Metallplatte mit eingeritzten Schriftzeichen, deutete ebenso wie die Rune darauf hin, dass er von einem Riesen stammt.

Mit Handouts kann seinen Spieler*innen die Welt sichtbarer, fühlbarer, erlebbarer machen. Deshalb sind sie eine exzellente Möglichkeit, um Immersion zu schaffen, also das Eintauchen in die Fiktion zu ermöglichen. Gleichzeitig fügen Handouts aber der eigenen Vorbereitung einen weiteren Level an Komplexität hinzu. Texte wollen geschrieben werden, Rätsel erdacht, Bilder gezeichnet oder gesucht. Deshalb gilt es auch hier, dass man abwägen sollte, wie viel Zeit und Energie man aufwenden kann.

Ich selbst arbeite gerne mit Handouts, und da ich Schreiber bin, vor allem mit Texten. Schriftstücke aus der Spielwelt haben viele Vorteile. Sie schaffen ein Bild der Bild, das aber subjektiv gefärbt sein kann. Man kann NSCs damit verbinden, deren Beziehungen untereinander, Ereignisse, Orte und vieles mehr. Sie tragen Hintergrundinformationen weitaus sicherer in die Köpfe am Tisch als es eine Erklärung oder Erzählung tut. Und sie können immer wieder gelesen werden, was Missverständnisse oder falsche Erinnerungen reduziert.

So ein Text kann ein Brief sein, in dem kompromittierendes Material steht – oder auch ein Brief an die Charaktere! Eine schöne Brieffehde mit einem Schurken oder einer Schurkin erfreut viele Spieler*innen. Für den prophetisch begabten Charakter eine Reihe von vorproduzierten Visionen, damit ich nicht spontan meine Finger aussaugen muss. Ein Forschungsdokument, Tagebücher, was immer auch in den Sinn kommt.

Die Metaebene

Ein schön formatierter Text wirkt zudem gleich viel eindrucksvoller. Und dieser Eindruck trügt selten: Die Spielleitung wird sich für gewöhnlich nicht die Arbeit für unwichtige Informationen machen. Das ist natürlich Metaebene, aber auch das ist Kommunikation in Gruppen. Handouts stellen so eine simple Methode dar,  den Spieler*innen Informationen als wichtig zu kennzeichnen – und natürlich kann man auch damit spielen!

Virtuell gebe ich wichtigen NSCs gerne Bilder. Das ist am Bildschirm tatsächlich einfacher als am Tisch, und die meisten VTTs unterstützen Handouts in verschiedenen Formaten. So entsteht über die Kampagne ein buntes und aussagekräftiges Dramatis Personae, auf das immer wieder Bezug genommen werden kann. Dazu Bilder von Orten, Gegenständen oder Szenen, die einen visuellen Eindruck der Spielwelt vermitteln. Und in denen man auch gerne das eine oder andere Rätsel verstecken kann.

Denn mit Handouts kann man spielen, auch jenseits der reinen Informationsvermittlung. Es gibt tausendundeine Möglichkeit, von offensichtlichen Rätseln, die gelöst werden wollen, bis hin zu subtilen Hinweisen. In meiner Runde mit den meisten Handouts, der oben erwähnten Bibliothek mit inzwischen mehr als 222 Texten, gibt es viele Referenzen und Bezüge zwischen einzelnen Schriften. Darüber konnten meine Spieler*innen schon das eine oder andere Mysterium lösen, welches zwischen den Zeilen, oder gar zwischen den Texten verborgen war.

Ein simples Beispiel sind drei Texte, die verschiedene Versionen eines Ereignisses präsentieren. Nur durch den Vergleich aller drei Schriften kann die Wahrheit herausgefunden werden: Was in mindestens zwei Texten steht, ist wahr, alles, was nur in einem vorkommt, falsch.

In unserer In-Game-Bibliothek gibt es auch daneben Metaebenen: Gelehrte, die Kommentare zu anderen Texten geschrieben haben, oder sich über diese Kommentare sogar einen Wissensstreit liefern. Der wiederum von den Spieler*innen dekodiert werden kann. Denn über mehrere Texte lernen sie die Vorurteile der Kommentator*innen kennen, und können so ihre Aussagen einordnen. Zudem war es ein besonderer Spaß, jene Gelehrten dann endlich einmal im Spiel zu treffen.

Für die handwerklich begabteren sind Bastelarbeiten eine Option. Gleiches gilt für Illustrationen oder sogar Musik. Auch hier wieder trumpft die eigene Kreativität alles, aber man kann sich auch von vielen tollen Handouts im Netz inspirieren lassen.

Fazit

Dies ist ein Plädoyer pro Handouts! Ich liebe Handouts, bastle sie gerne und verwende sie immer wieder. Allerdings muss ich immer abwägen, wie viel Zeit ich investiere, denn zur Vorbereitung gehört mehr, und nicht jedes Schriftstück muss ein voll ausformuliertes, formatiertes Pergament sein.

 

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