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Sowohl in geschriebenen Texten als auch beim Pen & Paper ergibt sich oft ein bunter Reigen von Figuren. Einige sind die Protagonist*innen der Geschichten, also jene, um die sich die Handlung, die Abenteuer, die Story dreht. Oft treibende Kräfte, manchmal auch selbst getrieben. Manche sind Antagonist*innen, Gegenspieler*innen, die den Zielen der Protagonist*innen Steine in den Weg legen, gegensätzliche Ziele haben und einfach generell Störenfriede sind.

Aber es gibt auch ein ganzes Dramatis Personae von Nebenfiguren, die von unterschiedlicher Wichtigkeit sind. Von Bezugspersonen, engen Freund*innen, Familie, ob nun blutsverwandt oder gefunden, deren Präsenz erhebliche Auswirkungen auf die Geschichte haben kann, bis zu Figuren, die nur einmal auftauchen, vielleicht sogar ohne Sprechrolle, aus dem Hintergrund treten, um eine Information zu überbringen, ein kurzes Hindernis darzustellen oder auch nur die Welt zu zeigen.

In diesem Artikel geht es um letztere. Denn sowohl beim Schreiben von Geschichten als auch von Abenteuern werden sie benötigt, oft in nicht geringer Anzahl, und sie trotzdem nicht blass und austauschbar wirken zu lassen, ist Teil der Kunst.

Klassifikation

Die Einteilung von Nebenfiguren ist subjektiv. Es handelt sich um Spanne auf mehreren Ebenen, denen von von Rezipienten unterschiedliches Gewicht beigemessen wird. Das macht eine Klassifikation schwierig. Aber grundsätzlich sind Nebenfiguren aufgrund ihrer Bedeutung für die agierenden Charaktere und den Plot interessant. Je größer diese sind, desto häufiger werden sie für gewöhnlich auftauchen, desto mehr werden Bindungen entstehen. Und je höher das Potenzial für Bindung, desto mehr lohnt es sich, Zeit und Arbeit in sie zu investieren.

Methodik

Gute Nebenfiguren wirken wie aus dem Leben gegriffen. Allerdings kann das in Geschichten ein deutlich anderes Leben als unser eigenes sein. Glaubwürdigkeit im Bezugssystem der Hintergrundwelt ist also ein guter Anfangspunkt.

Gleichzeitig kann es sehr interessant sein, mit Erwartungen zu brechen. Die Welt ist nicht glatt, unsere Leben verlaufen nicht schurgerade, es gibt Brüche, Unerwartetes und auch Unvorstellbares. Solange sich die Figur erklären lässt, kann sie aus der Menge hervorstechen. Aber Vorsicht, denn wenn man es damit übertreibt, sticht niemand mehr heraus, weil es alle tun.

Eine gute Beschreibung einer Nebenfigur ist ihr angemessen; das bedeutet, dass man mehr Zeit damit verbringt, je bedeutender sie sein soll. Kurze, knackige Beschreibungen genügen für simple Nebenfiguren, wichtigen kann man mehr Wörter widmen. Sei markant in der Beschreibung. Ein klares Wort bleibt besser in der Erinnerung als gewundene, blumige Sätze. Es ist keinesfalls notwendig, viele Details unterzubringen; im Gegenteil, ein gut gesetztes ist Gold wert und ersetzt beliebig viele schwammige Begriffe.

Vertrau auf die Vorstellungskraft der Rezipienten. Wenn du das kantige Gesicht eines venusianischen Boltram-Händlers beschreibst, musst du nicht jede Kante beschreiben. Im Kopf bildet sich bei den meisten Menschen automatisch ein Bild, oder es kommt eine Erinnerung hoch. Meist reicht genau diese kurze Beschreibung aus.

Beziehe bei den Beschreibungen alle Sinne ein. Nicht bei jeder Figur natürlich, aber wenn eine Nebenfigur säuerlich riecht, eine andere dauernd leise summt, eine dritte raue Haut hat, unterscheiden sie sich sofort fundamental, und bleiben vermutlich im Gedächtnis.

Dazu nicht die Mentalität vergessen, die sich natürlich auch physisch ausdrücken kann, aber auch eigene Beschreibungen verdienen mag. Vielleicht schlägt sich das in der Körperhaltung nieder, den Gesichtszügen, den Augen. Oder aber es findet sich in der Sprache wieder, ihrem Rhythmus, der Melodie. Generell ist die Sprache einer Nebenfigur ein exzellentes Mittel, um sie zu charakterisieren und von anderen abzusetzen. Wortwahl, Intonation, Akzent oder Dialekt, das alles gibt einer Figur Kontur.

Eine Erfahrung, die für manche überraschend ist: Nicht immer kann man vorhersehen, welche Nebenfiguren Eindruck schinden. Immer wieder gibt es unerwartete Breakout-Stars, deren Bedeutung weit über den Status hinauswächst, den man ihnen eigentlich zugedacht hat. Das ist kein Problem, sondern ein Glücksfall. Zum einen kann man darauf aufbauen – entweder in späteren Folgegeschichten oder im Rollenspiel -, zum anderen zeigt es, dass die Beschreibung Interesse geweckt hat.

Unterschied Schreiben und Pen & Paper

Wenn man Texte schreibt, hat man Zeit und Muße, sich um die Nebenfiguren Gedanken zu machen. Im Pen & Paper müssen sie oft aus dem Ärmel geschüttelt werden. Da hilft es, wenn man sich vorab einige generelle Notizen macht, aus denen man schnell Nicht-Spieler-Charaktere (NSCs) erstellen kann. Dabei würde ich nicht übertreiben, denn in vielen Fällen genügt ein Satz für eine Beschreibung.

Eine Liste mit passenden Namen schadet nicht, dazu vielleicht einige äußerliche Merkmale für Beschreibungen, Stimmungen oder Einstellungen, die man auch in eventuell sehr kurzen Begegnungen unterbringen kann. Eine Notiz zu der Sprache, die verwendet wird. Man kann auch NSC-Folios erwerben, oder selbst zusammenstellen, oder simpel Bilder im Netz suchen, die man fix verwenden kann.

Es ist schlau, sich im Spiel kurz Notizen zu den spontanen NSCs zu machen, die auftauchen. Man weiß nie, wer ein tiefergehendes Interesse der Gruppe weckt, und in dem Fall ist es gut, wenn man selbst sich an die Figur erinnert. Oft merkt man zum Glück, wenn eine Nebenfigur auf Gegenliebe stößt.

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