Falls du nicht alles selbst zuhause zusammenbraust, spielst du zumindest hin und wieder in bestehenden Welten. Die Frage, wie man damit umgeht, war zuletzt sehr präsent, denn ich habe in der Welt einer Bestsellerautorin eine Runde geleitet – mit der Autorin als Spielerin!
Definitionen
Dabei gibt es für mich erst einmal zwei unterschiedliche Arten von Settings. Einmal solche, die als Hintergrund für Pen & Paper gedacht waren. Und alle anderen.
Zur ersten Kategorien gehören klassische Rollenspielwelten; Faerûn mit den Forgotten Realms, Aventurien von Das Schwarze Auge, die 6. Welt von Shadowrun, Night City und viele, viele, viele mehr. In diesen Welten zu spielen ist oft einfach, denn genau darauf sind sie ausgelegt. Es wird erwartet, dass Gruppen ihre eigenen Geschichten schreiben, und die des Settings damit verändern. Einige dieser Welten haben eine eigene, fortschreitende Geschichte, andere sind statisch.
Die zweite Kategorie sind literarische oder sonstige Hintergründe, die aus anderen Medien in Pen & Paper transportiert werden. Manchen davon wird eine direkte Umwandlung zuteil, indem ein offizielles Regelwerk erscheint. Manche musst du selbst für dich selbst anpassen. Vielen ist gemein, dass sie eigentlich das Setting für eine – oder mehrere – andere Geschichte(n) sind. In Mittelerde dreht sich die Handlung am Ende des Dritten Zeitalters um die Neun Gefährten, bei Blade Runner jagt Decker Replikanten.
Die Übergänge sind dabei fließend. Cthulhu wird von vielen Menschen inzwischen zuerst im Rollenspiel entdeckt, und nicht unbedingt durch die Geschichten von Lovecraft und seinen Epigonen. Manche fürs Pen & Paper ersonnene Welt ist derart detailliert beschrieben, hat eine fortlaufende Geschichte, wird in unterschiedlichsten Medien, von Büchern bis zu Videogames, abgedeckt, dass die Grenze zu anderen Medienformaten verschwimmt.
Aber eines haben alle gemeinsam: Sie sind anderen Geistern entsprungen, und nicht der eigenen Phantasie.
Analyse
Wenn du also ein solches Setting wählst, ist die erste Frage: Warum? Manchmal ist die Antwort simpel. Vielleicht möchtest du ein bestimmtes Abenteuer spielen, oder die Gruppe spielt immer in diesem Setting, vielleicht möchtest du ein System ausprobieren, das damit verbunden ist. Aber manchmal lohnt sich ein genauerer Blick, denn wenn du weißt, warum ein Hintergrund besonders ansprechend ist, kannst du das besser in die eigene Runde übertragen.
Gerade wenn du das Setting aus einem anderen Medium nimmst, gibt es dafür oft bestimmte Gründe. Ist es der Hintergrund für eine Geschichte, ist es meist diese Art von Geschichten, die du im Pen & Paper erzählen möchtest. Dann ist es hilfreich, zu verstehen, was dir daran gefallen hat, und wie es erzählerisch funktioniert, damit du es umsetzen kannst.
Das können klare Vorgaben sein, wie zum Beispiel epische Geschichten mit großen Stakes, oder besonders düstere, blutige Stories. Geht es um heldenhafte Abenteuer*innen, die sich gegen das Böse stellen? Oder ist die Welt grau in grau, und trägt moralisches Handeln signifikante Nachteile in sich?
Auf jeden Fall solltest du das vorab mit der Gruppe besprechen, und dabei deine Erwartungen und Wünsche klar kommunizieren. Und dafür ist es gut, die Grundlagen und die Essenz des Settings zu kennen.
Ein Schmetterling schlägt mit den Flügeln
Welten aus anderen Medien zu nehmen, birgt gewisse Risiken. Daran können Erwartungshaltungen geknüpft sein, die schnell wie ein Gewicht an der Kampagne hängen. Was ist wenn, wenn unsere Geschichte in Mittelerde nicht so episch ist wie Der Herr der Ringe? Klamauk im Angesicht kosmischen Horrors? Die Intrigen von Westeros werden zu langweiligen Budgetplänen für euer Adelshaus?
Eine andere Sorge ist, dass zu große Veränderungen durch die eigene Geschichte das Setting so verändern, dass der ursprüngliche Reiz verloren geht. Und um diesen Reiz geht es ja eigentlich, denn sonst könntest du einfach ein eigenes Setting entwerfen, und müsstest dir darum keine Gedanken machen.
Deshalb ist es sinnvoll, für sich auszuarbeiten, welche Bereiche man anpassen kann, welche Art von Geschichte für dich selbst und deine Gruppe passt. Und in welchen Bereichen ihr frei(er) seid. Das muss nicht immer schwarz-weiß sein. Es gibt nicht nur komplett frei und total vorgegeben, dazwischen ist ein Spektrum.
Viele Stolpersteine kannst du umgehen, indem du die Lücken im Setting bespielst. Vielleicht in einer Region, die nicht so genau beschrieben ist, oder zu einer anderen Zeit als die Ereignisse der Vorlage. Dabei kannst du die Themen des Settings übernehmen, ohne von allzu viel Vorgaben eingeschränkt zu werden.
Auch hier ist das Gespräch mit der Gruppe gut. Hol dir ihre Meinungen ab, setz auf ihre Kreativität, entwickelt gemeinsam, was euch Spaß macht. Dabei könnt ihr auch Grenzen ziehen. Vielleicht gibt es Bereiche des Settings, die für einige so wichtig sind, dass Veränderungen ihren Spielspaß mindern würden. Ihr könnt sogar eine Art eigenen Canon etablieren, also Teile des Settings als vorgegeben und unveränderlich deklarieren.
Der eigene Touch
Wenn ihr ein bestehendes Setting nehmt, erweitert ihr es unweigerlich. Sei es durch direkt kreative Arbeit am Background, durch eure eigenen Geschichten, durch Zusätze, die sich im Spiel ergeben. Dabei ist es wichtig, darauf zu achten, dass die neuen Teile zum Rest passen. Dabei geht es um die interne Logik eines Settings, die oft ungeschriebenen Regeln, Atmosphäre und Tonalität, aber auch um so profane Dinge wie Namensgebung.
Dabei hilft es ungemein, wenn du das Setting wie oben beschrieben vorher analysierst. Mit dem gewonnen Wissen kannst du auch spontan(er) Neues einfügen und improvisieren. Und wenn du mit deiner Gruppe gesprochen hast, weißt du auch, welche Bereiche du besonders anpassen kannst, und bei welchen Vorsicht geboten ist.
Die reale Welt ist oft widersprüchlich und komplex. Viele fiktionale Welten sind das auch, aber oft zu einem geringeren Maße. Und bei Widersprüchlichkeiten eines Settings entsteht schnell der Eindruck, dass dies nicht gewollt, sondern aus Versehen geschehen oder sogar fehlerhaft ist. Deshalb lohnt es sich, darauf zu achten, ob Neues, das du im Setting einfügst, Bestehendes konterkariert, und ob das sinnvoll ist. Meistens sind Ergänzungen und Erweiterungen einfacher umzusetzen als direkter Widerspruch.
Aber am Ende des Tages ist das eure freie Entscheidung. Wenn ihr das Setting nur als einen groben Hintergrund verwenden wollt, auf dem ihr eure eigenen Bilder malt, ist das natürlich ebenso valide wie eine genaue Beachtung aller Details.
Living Worlds
Ob nun dezidierte Pen & Paper-Settings oder Hintergrundwelten aus anderen Medien, oft gibt es fortschreitende Geschichten, die das Setting verändern. Die erste Frage, die du dir stellen musst, ist ob ihr diese Veränderungen mitmachen wollt. Falls die Antwort nein ist, wäre die einfachste Möglichkeit, einen Zeitpunkt außerhalb der Geschichte als Startpunkt zu wählen. Das löst einige Probleme, und entbindet von der Pflicht, einen Metaplot mitzutragen, oder gar anpassen zu müssen.
Aber auch falls euch der Metaplot reizt, ist die Frage nach dem Startpunkt essentiell. Werden die Charaktere direkt in die große Geschichte geworfen, oder haben sie ein wenig Zeit, die Welt und sich selbst kennenzulernen? Wie immer ist es gut, die Charaktere der Gruppe mit der Welt zu verflechten, um ihnen von Beginn an Beziehungen und damit auch Motivationen zu geben. Dabei könnt ihr auf bestehende Teile der Welt zurückgreifen, oder die Spieler*innen gestalten eure Version des Settings bei der Charaktererschaffung mit.
In vielen bestehenden Welten gibt es Figuren mit großer Macht – oft die Protagonist*innen und Antagonist*innen der Geschichte. Bei aller Liebe zu ihnen solltest du immer im Hinterkopf behalten, dass in eurem Setting die Charaktere der Gruppe die Protagonist*innen sind, und dass es ihre Geschichte ist, die ihr erzählt.
Metawissen
Gerade bei Hintergrundwelten aus anderen Medien kann es gut sein, dass die Spieler*innen über Wissen verfügen, das weit über das ihrer Charaktere hinausgeht. Solltet ihr den Metaplot nutzen, kann es sogar sein, dass sie wie Prophet*innen die Zukunft ahnen können!
Spieler*innenwissen versus Charakterwissen ist ein häufiges Thema, aber ich würde sagen, dass dem oft zu viel Bedeutung beigemessen wird. In gewisser Weise ist es oft so, dass sich das das Wissen im Spiel und außerhalb stark unterscheiden, und wir müssen ohnehin damit umgehen. Das ist in diesem speziellen Fall nicht anders. Ich mache mir bei meinen Runden in bestehenden Welten da selten Sorgen, und im Zweifelsfall gilt, was immer gilt: Sprecht darüber!
Die Regeln der Welt
Wie wählt man das richtige System, um in einem bestehenden Setting zu spielen? Das ist eine Frage ohne einfache Antworten, da es so viele unterschiedliche Welten gibt. Oft erübrigt sie sich auch, weil es fertige Regelwerke gibt, oder die Welt so sehr mit einem System verschmolzen ist, dass es zu viel Aufwand wäre, etwas anderes anzupassen.
Falls dem aber nicht so ist, lohnt sich zu überlegen, welche Geschichte du erzählen willst. Und dann schaust du, ob es ein System gibt, dass darauf spezialisiert ist, genau diese Geschichten abzubilden. Das System an die Welt anzupassen, ist von diesem Startpunkt aus deutlich einfacher.
Die Fäden laufen zusammen
In bestehenden Welten zu spielen kann sehr großartig sein. Das bringt seine eigenen Herausforderungen mit sich, bietet aber auch viele Möglichkeiten. Ich mag sowohl selbstgebastelte Welten als auch bestehenden Settings, und spiele regelmäßig beides. Mit ein wenig Vorbereitung könnt ihr ganz phantastische Abenteuer erleben, und euch in euren Lieblingswelten heimisch fühlen.
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